NEURODIVERGENZ
Unter Neurodivergenz versteht man die Unterschiedlichkeit in der Ausprägung von neuronalen Strukturen. Man kann sich das so vorstellen: Jeder Mensch hat einen individuellen Körper mit unterschiedlichen genetischen Voraussetzungen. So ist das auch im Gehirn. Jedes Gehirn ist individuell mit individuellen neuronalen Verbindungen, dem biochemischen Zusammenspiel und den morphologischen Strukturen. Diese Unterschiede äussern sich dann in unterschiedlicher Sensibilität und sensorischer Wahrnehmung von inneren und äusseren Reizen, Impulsen und/ oder Regulationsmechanismen. Die Idee hinter dieser Sichtweise ist die Stärken der Neurodivergenz zu betrachten und sie nicht als Gehirnbesonderheit/ Normabweichung zu sehen. Neuronale Störungen, Autismus, ADHS, Hochbegabung, Hochsensibilität, Persönlichsstörungen können häufig auf neurodivergente Hirnstrukturen zurückgeführt werden.
Menschen, die aufgrund ihrer neuronalen Ausprägung die Welt und ihre Stimuli (Reize) anders oder intensiver wahrnehmen und auf andere Weise erfassen als neurotypische Menschen, fallen oftmals aus unserem bestehenden System (Sei es das Schulsystem, im Beruf oder im generellen Verhalten). Sie zeigen Verhaltensauffälligkeiten, da sie aufgrund einer anderen Basis agieren. Stellen wir uns vor, wir sitzen in einem kargen Raum ohne Fenster. Mit der Zeit kommt ein fortwährender hoher Ton dazu, der immer lauter wird, viele unvorhersagbare Lichtpunkte blitzen auf, in zufälliger Geschwindigkeit, sie werden immer schneller, der Ton wird immer lauter, ein weiterer Ton, der ab und zu hinzukommt, spielt Melodien. Ab einem gewissen Zeitpunkt würde jeder Mensch in sich kauern und sich selbst versuchen, von der Reizüberflutung zu schützen.
Manche Menschen haben so feine Sensoren für diese Art von Reiz, dass das früher passiert als bei anderen Menschen. Dafür haben diese Menschen aber auch die Fähigkeit, schneller auf Reize zu reagieren, wenn man das System ihrer Wahrnehmung entsprechend so gut es geht anpasst. Im Umgang mit Neurodivergenz versuche ich also herauszufinden, (1) wo genau die individuellen Wahrnehmungsunterschiede liegen und (2) wie du (oder dein:e Kind:er) selbst damit umgehen kann/ können und (3) wie das System/ die Umwelt angepasst werden kann, damit jeder die Chance hat, mit seinen genetischen Unterschieden ein gleichermassen erfülltes Leben führen zu können.
ADHS
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung) ist in aller Munde und neben der Depression die am häufigsten diskutierte Störung. Wissenschaftlich immer wieder kontrovers diskutiert, ist man sich mittlerweile einem neurologischen Ursachenanteil relativ sicher. ADHS kann in verschiedene Typen (bisher insgesamt 4) unterteilt werden und führt dementsprechend zu ganz unterschiedlichem, gezeigtem Verhalten und Gedankenmustern. Das kann von massivem Bewegungsdrang, über Ablenkung, Unaufmerksamkeit, unkontrollierbarer Impulsivität, unregulierbaren Emotionen, unbewältigbaren vermeintlich einfachen Aufgaben bis hin zu völlig „dopamingesteuertem“ Verhalten ohne jegliche Frustrationstoleranz oder Selbstkontrolle gehen. Manchen Personen helfen Medikamente (meist auf Methylphenidat Basis, zB Ritalin) oder Neurofeedback via EEG. Was sicherlich immer hilft, ist psychologische Unterstützung mit dem Ziel, seine individuelle Ausprägung kennenzulernen und einen persönlichen und gewinnbringenden Umgang damit zu finden. Denn so viele herausfordernde Verhaltensweisen mit ADHS verknüpft werden, so viele positive gibt es: Kreativität, Willenskraft, Sensibilität, Fürsorglichkeit, Belastbarkeit, Durchhaltevermögen, Versöhnlichkeit, Neugierde, Hyperfokus und noch so viele mehr! Finde heraus, was dich stark macht und dir deine innere Balance zurückbringt.
Wenn dir eine Diagnose persönlich als hilfreich erscheint, dann empfehle ich dir eine sorgfältige (!) und ganzheitliche neuropsychologische Abklärung.
AUTISMUS SPEKTRUMSSTÖRUNG
Dieses Störungsspektrum ist so vielfältig wie komplex, um es hier ausreichend im Ansatz beschreiben zu können. Jede:r Autist:in ist einzigartig. Ich versuche, die häufigsten beobachteten „Symptome“ kurz zu umreissen, um einen Mini-Überblick zu geben. Im frühkindlichen Alter wird Autismus eher mit Mutismus und massiven, sprachlichen Einschränkungen verbunden. Im hochfunktionalen Autismus und Asperger Syndrom mit sehr spezifischen Begabungen und Beeinträchtigungen im sozialen Kontext. Den meisten Formen wird zugeschrieben, dass die emphatischen Fähigkeiten („Theory of mind“) beeinträchtigt sind und somit Emotionen nicht oder falsch zugeordnet werden und Kommunikation buchstäblich interpretiert wird (Zwischentöne, Ironie, Sprichwörter und Analogismen (zB „die Luft ist zum schneiden hier drin“) etc werden nicht erkannt oder verstanden, aber auch nicht, ob zB detaillierte Informationen situationsabhängig angebracht sind oder nicht). Generell wird dem Autismusspektrum eine erhöhte Sensibilität gegenüber der Stimulusverarbeitung zugeschrieben (zB bei Lärm, Licht etc). Häufig finden sich repetierende Verhaltensweisen und der Wunsch nach klarer Routine und Ordnung (immer gleicher Tagesablauf, keine Überraschungen, Probleme bei Übergängen und unvorhersehbaren Ereignissen).
Wenn du den Verdacht hast, dass dein:e Kind:er von Autismus betroffen sein könnte, dann empfehle ich dir von Herzen eine umfassende und sorgfältige neuropsychologische Abklärung und eine vertrauensvolle und wohlwollende psychologische Unterstützung für dein:e Kind:er als auch für dich/ euch als Eltern oder als Familie! Autismus hat so viele lebendige und gewinnbringende Facetten, die das Leben bunter und facettenreicher machen kann.
HOCHSENSIBILITÄT
Unter Hochsensibilität versteht man die Fähigkeit, anders oder intensiver wahrzunehmen als andere. Vielen Menschen ist oft gar nicht bewusst, dass sie hochsensibel sind. Sie werden einfach als besonders empfindlich oder als „Sensibelchen“ abgestempelt. Erkennungsmerkmale einer Hochsensibilität sind:
- Überstimulierung von Reizen (in welcher Form auch immer – Lautstärke, Emotionen, Stress, Licht, Gerüche, Schmerz…)
- eine hohe Empathiefähigkeit (das Gemeinwohl wird dem eigenen Wohl meist vorangestellt)/ Fähigkeit zum Perspektivenwechsel
- feine Antennen für Emotionen anderer/ Erleben intensiver Emotionen, Träume
- Der Drang, alles zu hinterfragen, ganzheitlich erfassen und verstehen zu wollen
- Das Gefühl, sich für seine eigenen Empfindungen, die oft auf Unverständnis stossen, zu erklären/rechtfertigen
Ich kann testen, ob bei dir eine Hochsensibilität vorliegt und mit dir gemeinsam Strategien erarbeiten, die dir in konkreten, überfordernden Situationen helfen können.
Wenn du deine Hochsensibilität bisher eher als lästig und unangenehm empfunden hast, helfe ich dir, sie als Fähigkeit wahrzunehmen und zu nutzen. Hochsensibilität hat unzählige Vorteile, wenn du weisst, wie du mit ihr umgehen kannst und sie dir bewusst ist.
Wir erkunden Tätigkeiten/Situationen, die dir helfen, aus blockierenden oder überfordernden Zuständen wieder herauszufinden und dein System zu regenerieren. So, dass du langfristig im grünen Bereich deines Energielevels bleiben kannst und selbst bemerkst, wann/ warum du aus dem Gleichgewicht gerätst und vor allem eigene Strategien anwenden kannst, deine Balance wieder zu finden.
Neuropsychologische Abklärungen sowie dazugehörige Gutachten mache ich erst nach Akkreditierung durch den Bund auf selbstständiger Basis.
HOCHSENSIBILITÄT UND HOCHBEGABUNG
Intensive und verschärfte Wahrnehmungstiefe kombiniert mit höchster Verarbeitungsgeschwindigkeit klingt nach „Leben auf der Überholspur“. Und genauso verhält sich die Kombination aus Hochbegabung und Hochsensibilität auch oft. Blitzschnelle Verarbeitung von Stimuli jeglicher Art – inklusive deren Vernetzung im Gehirn ergibt so viele Informationen in so kurzer Zeit, dass man erstmal lernen muss, mit der Geschwindigkeit und Intensität umzugehen. Welche Emotion ist von mir, welche von anderen Menschen, nonverbale Kommunikation entkoppeln mit der verbalen. Umgang mit Overthinking und dazugehörige hypothetische Szenarien. Unstillbarer Wissensdurst und gleichzeitig das Wissen darüber, dass man eigentlich noch nichts weiss, all das blockiert, entfesselt, verwirrt, irritiert und überfordert. Unterhaltungen, die oft zu oberflächlich bleiben und der Impuls, alles verstehen und hinterfragen zu wollen, jedoch mit der kontinuierlichen Erkenntnis, dass eigene Erklärungen oft nicht verstanden werden führen oft zu der Erfahrung, man wäre „nicht normal“ oder „falsch/ anders“. Gedankenkreise, massiver Erwartungsdruck/ Anspruch an eigene Leistungen, führen, abhängig von Erziehung und Sozialisierung, zusätzlich zu möglichen Komorbiditäten wie Zwängen, Angststörungen, Depression, Erschöpfung mit der ganzen Palette führen können. Und das deckt bisher nur die soziale Komponente ab. Hinzu kommen noch all die körperlichen Empfindungen, Reizüberflutungen, eine riesige und lebendige Bandbreite an emotionalem Innen- und Aussenleben mit detaillierten Träumen, prompten Perspektivwechseln (ausgeprägte Empathie) etc…
Die gute Nachricht: Du bist genau richtig und du hast alles in dir, was du brauchst! Sobald du erkennst, auf welcher Ebene du besonders intensiv und schnell bist, wird es so viel leichter und ressourcenreicher. Gruppen werden nicht mehr zum Hindernis und du kennst deine individuellen Akkulademöglichkeiten! Nutz die Überholspur in vollem Bewusstsein und freier Entscheidungsmacht!
HOCHSENSIBILITÄT ALS ELTERN & HOCHSENSIBLE KINDER
Auch Mütter oder Väter können hochsensibel sein oder Eltern haben ein hochsensibles Kind. Das kann zu unzähligen intensiven Momenten – positiv wie auch negativ – führen. Hochsensible Menschen erfassen sehr viel mehr als normtypische Menschen. Das bedeutet gerade in einem quirligen Familienleben können Reize und Fremdbestimmtheit schnell zu Ressourcenknappheit und Erschöpfung auf Elternseite führen. Hochsensible Kinder müssen ihre Gefühlswelt generell erst einmal kennenlernen und durch liebevolle Ko-regulation lernen, ihre Emotionen zu regulieren. Dies kann auch beiden Seiten herausfordernd werden. So intensiv die bedeutsamen, zugewandten, liebevollen Momente sein können, so viel Potenzial zur Eskalation steckt in Familie mit hochsensiblen Mitgliedern. Was können wir tun, damit hochsensible Eltern – gerade mit Kleinkindern – ihre Ressourcen schonen können und Zeit finden, in ihren grünen Bereich zurückzukommen? Wie können wir unser hochsensibles Kind begleiten, damit es sich ernst genommen fühlt und lernt mit seinen Emotionen und sensiblen Antennen wertschätzend umzugehen? Eine Antwort lässt sich für euch als Familie nur individuell finden. Sprecht mich an!
HOCHSENSIBILITÄT IN DER PARTNERSCHAFT
Hochsensibilität in der Partnerschaft kann beflügelnd, wertschätzend, liebevoll, emphatisch, voller Respekt und Rücksichtnahme füreinander, tolerant, leidenschaftlich, verständnisvoll, reflektierend und zugewandt sein. Hochsensible Menschen tendieren aber auch dazu, Dinge stets zu hinterfragen, im Ganzen verstehen zu wollen und Verhaltensweisen, Ausdrücke und Gesten so tief zu ergründen, dass sie völlig darin zu versinken scheinen. Die eigene Erwartungshaltung ist hoch, das Allgemeinwohl prioritär. Oftmals vergessen sich hochsensible Menschen dabei selbst – sie spüren alle um sich rum und deren Bedürfnisse und sind so sehr damit beschäftigt, diese zu erfüllen, dass sie selbst vergessen gehen. Auf Dauer macht das unglücklich. Intensive emotionale Erfahrungen können sich leicht verstärken, wenn noch ungünstige (meist in der Kindheit erlernte) Verhaltensweisen oder Glaubenssätze tief verankert sind oder eine Bindungsunsicherheit vorliegt. Wichtig ist auch hier, seine Grenzen wahren, Dinge loslassen zu können und sich auch gut genug zu fühlen. Aber wie macht man das? Wir finden es heraus.
HOCHSENSIBILITÄT IM SPORT
Hochsensibel zu sein im Leistungssport kann viele Gesichter haben. Als Frau kann der hormonelle Zyklus noch mehr Einfluss nehmen, als das sowieso schon der Fall ist. Das Gefühl, Hochleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt abzurufen, alle anderen Gegebenheiten auszublenden kann den Druck immens erhöhen. Andererseits sind hochsensible Menschen auch in der Lage, sich selbst auf hohem Niveau zu reflektieren. Präzision, sorgfältige Vorbereitung und Teamgeist sind nur ein Bruchteil dessen, worin hochsensible Sportler:innen ihre Stärke unter Beweis stellen können. Wo liegt deine Stärke?